Radtour: einmal Freudenstadt und zurück

Radtour: einmal Freudenstadt und zurück

Von Sersheim mit dem Rad einmal Freudenstadt und zurück – diesen Traum trug ich mit mir herum, seit ich im Sommer 2014 über Pforzheim die B494 bis ca. 20km vor Freudenstadt gefahren, dann aber Richtung Enzklösterle und wieder heimwärts abgebogen war.

Am letzten Julisonntag 2015 hatte ich eine anstrengende Arbeitswoche mit Produktauslieferung und einigen Gesprächen hinter mir, einen Abendtermin und die Veröffentlichung der Bibelverse “Das Wort” für 2016. Für einen größeren Ausflug ab früh morgens war es die letzte Gelegenheit in diesem Sommer – mittlerweile ist es um 5 Uhr noch dunkel.

So startete ich am Sonntag 26.7. einen Ausflug nach Freudenstadt! Damit verpasste ich leider den Gottesdienst im Grünen und Tabeas Musikbeiträge, aber ich nahm mir vor, zumindest um 1 Uhr wieder da zu sein beim gemeinsamen Grillen der Kirchengemeinde. Ob ich das schaffen würde? Schwer zu sagen – ich wusste nicht genau, wie weit die Strecke war (200 km?), und wie ich die vielen Höhenmeter nach Freudenstadt und auf dem Rückweg von Altensteig nach Calw verkraften würde. Lag Freudenstadt laut Landkarte nicht auf 800 m Höhe? Sicher ist sicher, dachte ich, stellte den Wecker noch etwas früher und startete um 5:08 Uhr bei kühlen 12 °C – “ola ula”, wie ein Sersheimer Bekannter sagt, oben und unten lange Kleider.

6:07 Uhr in Pforzheim am Bahnhof und nur noch 9°! Ins schmale Enztal bis Calmbach schien die Sonne noch gar nicht, bei 8° war es recht frisch für den Sommer! In Calmbach bog ich rechts ab Richtung Bad Wildbad. Im letzten Jahr war ich geradeaus die B494 gefahren. Doch ich sagte mir, durch die Ortschaften und wohl zuerst etwas flacher zu fahren gefällt mir besser als immer die B494 stetig bergan. Und siehe da – am Ortsausgang von Calmbach strahlte die Sonne!

7:09 Uhr in Bad Wildbad: erste Rast! Vom Abteilungsausflug letztes Jahr habe ich den Ort anders in Erinnerung: da war viel los! Heute morgen in der zentralen König-Karl-Straße nur ein einsamer Jogger – und die Bahn. Nach 7 min. fahre ich weiter – ein kleines Stück durch einen Tunnel, und ich staune: da drin ist es schön warm! Leider nur ein paar Meter.

7:50 Uhr, 63 km: Enzklösterle. Ein früherer Bekannter war hier Bürgermeister, und ich staune über das wie ein Wohnhaus gelegene Rathaus am Hang.

Etwas weiter bleibt meine Aufmerksamkeit an einem Tisch mit Marmeladengläsern vor einem Haus hängen: der Erlös geht an Missionare in Bolivien – prima Sache! Da habe ich eine Idee: ich bringe meiner Lieben eine Marmelade mit! Dumm nur, dass ich das Glas auf dem Fahrrad den Berg hoch bis Freudenstadt und zurück kutschiere… Aber das ist es mir wert. Ich denke noch, ich bin großzügig und werfe eine größere Münze ein – leider erst später komme ich auf die Idee, dass das für die Missionare immer noch herzlich wenig ist. Ob ich mal wieder vorbeikomme? Leute, unterstützt die Missionare!

Bewaffnet mit Marmelade trete ich also den Rest des Enztals bis zum Poppeltal hoch (Riesenrutsche! Heut morgen ist noch keiner da!), biege in die B494 (Freudenstadt: 22 km) und kämpfe mich immer auf und ab weiter bis Freudenstadt. Irgendwo unterwegs bin ich auf 800 m Höhe, aber oh nein, dann geht es wieder bergab bis 700 m – muss ich die Höhenmeter jetzt alle nochmal hoch?

9:09 Uhr, nach 92 km, 698 m Höhe: Freudenstadt! Stimmt jetzt der Höhenmesser im Tacho nicht, oder hab ich die Landkarte falsch abgelesen? Egal! Ich danke und lobe Gott: ich bin da, die Hälfte der Strecke, und damit der größere Teil bergauf, ist geschafft! Jetzt das Vesper raus und zur Erinnerung ein paar Bilder gemacht. Bei 14 °C ziehe ich schon mal die lange Radlerhose aus, doch wegen dem kühlen Wind lasse ich die langärmelige Jacke noch an – tatsächlich dann auf der ganzen Heimfahrt.

Das war mein Traum: mit dem Rad nach Freudenstadt! Jetzt bin ich da, drehe noch ein paar Runden im Park bei der Stadtkirche – aber wie kann ich den Moment genügend würdigen? Ich muss ja doch bald wieder weiter. Wir sagen: “Du kann’sch ‘s net heba”, der Lateiner meint “tempus fugit”. Was bleibt Besseres, als dem Herrn Jesus Christus zu danken und Ihn zu loben?

Ich freue mich und fahre weiter: B25 Richtung Stuttgart!

Ich bin gespannt, wie es weitergeht – irgendwann muss es doch wieder eine Weile bergab gehen.

Oder auch nicht. Fast 20 km geht es auf und ab, vorbei an Dornstetten und Pfalzgrafenweiler.

Doch dann geht’s auf einmal nur noch ab: ins Nagoldtal nach Altensteig! Links von der Straße sehe ich ins Tal hinab – da gibt es eine große Kirche, oder eine Burg, auf einer Anhöhe im Tal? Sollte ich halten für ein Foto? Nein, nicht hier den Berg runter! Ich mache ein Foto im Vorbeifahren…

Im Tal angekommen, führt ein Kreisverkehr links in den Ort und rechts talabwärts weiter. Altensteig – 10:16 Uhr, 19 °C, 416 m Höhe.

Hier ist richtig was los: viele Autos, und – viele Kinder! Anscheinend aus dem Ort kommen Gruppen von Kindern mit einzelnen Jugendlichen und überqueren die Straße am Kreisverkehr. Gleich nach dem Kreisverkehr halte ich und sehe ein Schild: “P JMS Anker”. JMS? Anker? Bestimmt eine christliche Gemeinde, mit vielen Kindern auf dem Weg zum Kindergottesdienst – wie schön!

Weiter geht die Reise talabwärts. Laut Karte kann ich entweder einen großen Umweg über Nagold nach Calw fahren, aber immer im Tal, oder ich fahre die direkte Strecke über Neubulach, dafür geht’s wieder hoch. Eigentlich fahre ich lieber die ebenen Strecken, aber ich will die Gegend mal gesehen haben, deshalb wähle ich die direkte Strecke.

Auf der Karte ist nicht gut zu erkennen, wo die Abzweigung liegt. Tatsächlich muss ich schon an der ersten Abzweigung links raus, dann führt die Straße Richtung Wart ein gutes Stück direkt an der Bundesstraße entlang – eine zweite Abzweigung gibt es nicht! Ich überhole auf der Ebene ein älteres Ehepaar mit e-Bikes, dann geht es schon wieder aufwärts. Jetzt könnten sie mich “versägen”, aber sie warten unten.

In Wart zeigt der Tacho tatsächlich wieder 569 m Höhe! Schließlich geht es von Neubulach wieder rasend ins Tal. Unten liegt die “Station Teinach”. Als ich im letzten Dezember hier geschäftlich vorbeikam, fiel mir die Entfernungsangabe nach Freudenstadt auf. So kam ich auf die Idee, dass ich von Freudenstadt heimwärts hier durch fahren könnte. Und jetzt stehe ich da und muss denken: Freudenstadt liegt schon wieder 43 km hinter mir!

Von der Station Teinach führt die B463 im Nagoldtal weiter nach Calw. Als ich dort ankomme, ist es schon 11:12 Uhr. Der Tacho zeigt 138 km. An einer Tankstelle tanke ich einen halben Liter Cola in meine fast geleerten zwei Literflaschen und esse nochmal was. Das Eigentümliche beim Radfahren ist, finde ich, nicht erst bei “Hunger” zu essen, sondern so rechtzeitig vorher, dass der Körper später die Energie bereitstellen kann. Essen “nach Kopf”!

Auch für den Rest der Strecke habe ich mich für die Bergversion entschieden. Statt dem Tal zu folgen (über Bad Liebenzell und wieder Pforzheim angeblich 6 km länger), fahre ich die B295 Richtung Weil der Stadt. Von Calw auf ca. 300 m Höhe geht es doch nochmal auf über 500 m. Ob ich’s bis 13 Uhr heim schaffe? Ich steige in einen Kuhhandel mit mir ein: vielleicht schaff ich’s bis Viertel zwei? Ich bin froh, dass ich selbst diese Steigungen noch gut schaffe. Die Steigungen hoch schalte ich früh zurück auf kleine Gänge, auf der Ebene oder bergab fahre ich fast wie sonst auf kürzeren Strecken.

In Weil der Stadt biege ich ab Richtung Perouse und Enzweihingen. Diese Strecke bin ich schon öfters gefahren – das ist fast schon wie daheim! Selbst die letzte Steigung hinter Oberriexingen schreckt mich nicht mehr – um 13:22 Uhr komme ich beim Grillfest an, nach 186 km. Es wird noch ein schöner Nachmittag nach einem schönen Vormittag! Danke, lieber himmlischer Vater!